Zum Reinbeißen!

Ein Apfel ist ein Apfel? Von wegen.
Auf den ersten Blick scheint er ein alltägliches, gängiges Obst zu sein, das gar nicht so viel Aufmerksamkeit erregt. Und trotzdem ist er auf den zweiten Blick ein enorm vielfältiges Produkt, das in der Küche immer wieder überrascht. Der Apfel zeigt exemplarisch ein für mich sehr spannendes Thema: Allein mit einem Rezept und einer Zutatenliste habe ich noch keine Gewähr für das Gelingen des Gerichts. Es hängt so viel von der Auswahl und der Güte des Produkts ab, das ich kennen und auch manchmal erst ausprobieren muss.

Es ist gar nicht so einfach, einen guten und für das jeweilige Gericht passenden Apfel zu finden. Deshalb kaufe ich meine Äpfel bei einem Obstbauern auf dem Markt, der alte Apfelsorten pflegt und viele Streuobstwiesen bei uns in der Fränkischen Schweiz gepachtet hat. Solche Spezialisten wissen genau, welcher Apfel zum Backen geeignet ist, welcher im Müsli am besten schmeckt und in welchen ich einfach beherzt reinbeißen kann.

Selbst wenn Äpfel das ganze Jahr über angeboten werden, findet in unseren Breitengraden die Apfelernte überwiegend im September statt. Wie bei den Kartoffeln gibt es bei den Äpfeln früh und spät reifende Sorten. Besonders freue ich mich jedes Jahr auf die Kornäpfel oder Augustäpfel. Diese haben eine hellgrüne, dünne Schale, sind nicht lagerfähig und schmecken frisch geerntet ganz schön sauer – was für den heißen August perfekt ist. Je später die Äpfel reifen, umso dicker wird die Haut. Deshalb schmecken sie den Winter hindurch gut, wie beispielsweise der Boskoop, der Winterrambur oder der Glockenapfel. Letzterer bekommt erst ab Weihnachten sein bestes Aroma, hat eine schöne Säure und ist bis April haltbar.

Äpfel sollten generell dunkel und kühl gelagert werden. Ich lege die Äpfel nebeneinander und weniger aufeinander. So kann ich besser erkennen, wann ein Apfel eine braune Stelle bekommt und diesen dann aussondern. Äpfel sollten auch separat von anderem Obst oder auch von Kartoffeln gelagert werden, weil sie Ethylen ausströmen, ein Gas, das anderes Gemüse oder Obst zum Reifen bringt.

Wenn Sie backen möchten, fragen Sie nach Sorten wie Jakob Fischer, Oldenburger oder Gravensteiner. Letzterer ist fruchtig, blumig und sehr saftig. Möchten Sie Gelee aus Äpfeln kochen, ist der nicht so säurehaltige heinische Bohnapfel oder eine Renette geeignet.

Kinder mögen Topaz oder Elstar gerne, weil sie schön süß schmecken. Zum Rohgenuss schmecken mir Berlepsch, Jakob Fischer oder Goldparmäne sehr gut. Sie sind saftig und haben ein ausgeglichenes Zucker-Säure-Verhältnis. Diese passen auch hervorragend in einen Matjessalat oder in den Waldorfsalat – das ist der mit dem Sellerie und den Walnüssen, der erstmals im Waldorf Astoria in New York serviert wurde.

Aber lassen Sie sich inspirieren. Schneiden Sie zwei, drei unterschiedliche Apfelsorten in Spalten und essen Sie diese hintereinander. So werden Sie die unterschiedlichen Geschmäcker, Texturen und Säuren besser herausschmecken. Je mürber ein Apfel ist, desto besser eignet er sich für den Apfelstrudel. Und scheuen Sie sich nicht vor dem Selbermachen des Strudelteigs. Der erste reißt vielleicht, der dritte dann nicht mehr!

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