Unterschätzte Herbstgrüne

Die Tomatensaison ging vor ein paar Wochen zu Ende. Immer dann, wenn die Nächte kühler werden und die Stärke der Sonnenstrahlen nachlässt, werden die Tomaten am Stock nicht mehr rot. Aber was tun mit all den grünen Tomaten? Man kann sie trotzdem einfach ernten, in die warme Küche legen und warten, bis sie rot nachreifen. Sie schmecken natürlich bei Weitem nicht mehr so aromatisch wie im Hochsommer, aber für ein gut gewürztes Tomatensüppchen oder eine Tomatensoße taugen sie noch allemal. 

Allerdings kann man sich auch die Mühe machen, eine raffinierte Tomatenmarmelade zu kochen. Genau das habe ich vergangene Woche getan und die grünen eingekochten Früchte zu einem rohen Karottensalat mit Ingwer und Miso serviert. Auch zu kalt aufgeschnittener Porchetta schmeckt sie excellent.

Viele meiner Gäste haben mich jetzt nach dem Rezept gefragt, aber vor allen Dingen, ob ich den wunderbaren Film „Grüne Tomaten“ kenne. Natürlich habe ich den amerikanischen Spielfilm aus den 90er Jahren mehrmals gesehen. Die Spezialität in dem Whistle Stop Café waren gebratene grüne Tomaten. Ich muss zugeben, dass ich das noch nie ausprobiert habe. Nun werden einige besorgte Leser:innen einwenden, grüne Tomaten enthalten giftiges
Solanin, das auch trotz Kochens bleibt. Aber ich möchte hier die alte Regel: „die Dosis macht das Gift“ entgegenhalten. Keiner wird 500 Gramm unreife Tomaten auf einmal zu sich nehmen. Diese Menge müsste man essen, damit sich Symptome wie Magenbeschwerden oder Benommenheit zeigen. Bei dieser eingekochten Delikatesse reicht ein Esslöffel, um einem milden Frischkäse oder Brie einen besonderen Pepp mitzugeben.

Als Tomatenliebhaberin (sie sind wirklich mein liebstes Gemüse und ich kann Unmengen im Sommer davon essen) möchte ich noch erwähnen, dass es ganz wunderbare grüne Tomatensorten gibt, die ihre Reife und ihren geschmacklichen Höhepunkt dann erreicht haben, wenn sie leicht weich, aber noch grün an der Tomatenpflanze hängen. Die besonderen Sorten, die im Sommer meine Gäste wegen ihrer Aromatik immer wieder aufs Neue verblüffen heißen beispielsweise „Green Zebra“, „Charlie’s Green“, „Grüne Moldawische“ oder „Raisin Vert“. 

Auf diesen frischen Genuss müssen wir allerdings wieder bis zum nächsten Sommer warten. Bis dahin tröstet uns wenigstens zu einem kleinen Teil die grüne Tomatenmarmelade hinweg, die wir mit ihren süß-sauren Komponenten ab und zu wohldosiert einsetzen.

GRÜNE TOMATENMARMELADE

für 4 Gläser à 220 ml

ZUTATEN

1 kg grüne unreife Tomaten
700 g Gelierzucker
Saft von 2 Zitronen
3 Sternanis
100 g Walnüsse
1 Vanilleschote

ZUBEREITUNG

Die Tomaten halbieren und den grünen Fruchtansatz dabei entfernen. 300 ml Wasser mit dem Gelierzucker in einem hohen Topf zum Kochen bringen. Der Topf sollte höher sein, da beim Kochen die Flüssigkeit mindestens ums Doppelte nach Oben steigt. 

Sobald sich der Zucker komplett aufgelöst hat, gebe ich Tomaten, Zitronensaft , die aufgeschlitzte Vanilleschote und den Sternanis dazu. Die Masse lasse ich solange köcheln, bis sie leicht geliert. Die Walnüsse gebe ich dazu und lasse das
Ganze noch zwei, drei Minuten köcheln. Ich fülle mit Hilfe eines Marmeladentrichters die Gläser voll, verschließe sie sofort mit dem Deckel und stelle die Gläser kopfüber auf den Deckel.

ANRICHTEN

Die Marmelade passt sehr gut zu Frischkäse, Ziegenkäse und weichem Brie. Zu kaltem Schweinebraten. Zu Karottensalat oder als Toastaufstrich.

GUT ZU WISSEN

Die Gelierprobe ist wichtig, um die richtige Konsistenz herauszufinden: Man gibt einen kleinen Klecks der köchelnden Masse auf einen kalten Teller. Zieht die Marmelade sofort an und wird fester, kann sie abgefüllt werden. Fliest sie noch flüssig auf dem Teller hin und her, köchelt man die Marmelade noch weiter ein.Um sicher zu gehen, dass die Marmeladengläser gut verschlossen sind, gebe ich sie nochmals bei 60 Grad für ca. 30 Minuten in den Dampfgarer.

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