Rosenkohl für alle. Ja, auch für Skeptiker

Ich kann mich nicht erinnern, dass ich als Kind gefragt wurde, was ich essen möchte. Es wurde gegessen, was auf den Tisch kam. Das, was auf dem Teller lag, musste aufgegessen werden! Ich weiß nicht so recht, ob das alles so richtig war, aber dass heutzutage viel zu wählerisch mit dem Essen umgegangen wird – „nein, ich mag dieses nicht, jenes auch nicht“ und dass einfach viel zu viel Essen weggeworfen wird, das möchte ich doch behaupten. Natürlich hat jedes Kind eine Vorliebe für Nudeln, und trotzdem würde ich für meine Kinder nicht jeden Tag Nudeln kochen. Die Abwechslung machts.

Beim Schreiben des Artikels und beim Thema Rosenkohl muss ich ständig an diese Kindheitserfahrungen denken, denn die kleinen, grünen Kugeln mochte ich als Kind überhaupt nicht. Leider gab es diese häufiger im Winter zu essen und wurden zu meinem Leidwesen zu gebackener Kalbsleber gereicht. So landeten gleich zwei Speisen mit einer gehörigen Bitternote auf meinem Kinderteller. Und was Kinder einfach nicht mögen, sind bittere Sachen. Der Rosenkohl wurde in ganzen Röschen viel zu weich und viel zu lange gekocht. Es verbreitete sich blitzartig in der Küche ein unangenehmer Kohlgeruch, der schon darauf hinwies, wie das Essen aussehen würde: Blass, grau und verkocht, muffig und dazu noch bitter! Und ich musste aufessen!

Der Rosenkohl hat in den Jahren eine 180 Grad Wendung mit mir gemacht und ich freue mich, wenn ich ihn nun nach den ersten frostigen Nächten auf dem Gemüsemarkt sehe. Selbst wenn das Putzen – oder Rüsten, wie die Schweizer sagen, einige Zeit in Anspruch nimmt, scheue ich auch die Zusatzarbeit nicht, alle Blättchen einzeln abzulösen. Das gelingt am besten unter Zuhilfenahme eines kleinen Messers namens „Vogelschnabel“ oder Tourniermesser. 
Es zeichnet sich durch eine kurze, gebogene Klinge mit doppelseitig geschliffener Schneide aus. Es wurde speziell entwickelt, um rundes Gemüse oder Obst effizient zu schälen oder ihm eine besondere Form zu verleihen. Ein Tourniermesser gehört meiner Meinung nach in jede gute Küche. Damit lassen sich die äußeren, harten und nicht so schönen Blättchen des Rosenkohls gut entfernen. Diese landen im Kompost. Nun schneide ich unten am Stielansatz ein kleines Stückchen ab und löse mit der Spitze des Messers Blättchen um Blättchen ab, bis nur noch ein winziges Köpfchen von max. 1 cm übrig bleibt. Weil beides eine unterschiedliche Garzeit hat, landen die Blättchen in einer Schüssel und die inneren, kleinen Röschen in einer zweiten.

Die Garzeit der Blättchen ist mit zwei Minuten extrem kurz. Denn je länger ein Kohl kocht, desto mehr stinkt es in der Küche. Was so unangenehm riecht, ist Schwefel. Im rohen Kohl ist er noch an die Zuckermoleküle gebunden. Diese werden jedoch beim Kochen frei gesetzt. Und je länger das dauert, desto penetranter wird der Mief. Heben Sie die Blättchen nach dem Kochen mit einem Schaumlöffel aus dem gesalzenen Kochwasser und breiten Sie sie flach nebeneinander auf einem Blech zum Abkühlen aus. Was so zart ist, gart weiter, wenn es auf einem Haufen liegt. Das untere Gemüse wird weich und verfärbt sich. Deshalb ist es bei manchen Gemüsen, wie dem zarten Spinat oder diesen Rosenkohlblättchen unabdingbar, dass sie eher nebeneinander, als übereinander liegen.

Nun können wir uns dem Geschmack zuwenden: Rosenkohl liebt Butter und Muskat, Speck und Wacholder, Orange und Mandeln, Kümmel und Schwein, Apfel und Blauschimmel. Er schmeckt mir warm, aber auch kalt als Salat nach diesem Rezept:

ROSENKOHLSALAT

ZUTATEN

500 g Rosenkohl
Salz
Schale einer Orange
Saft einer Orange
2 Eßl. Ahornsirup
2 Eßl. Haselnussöl
1 Eßl. Olivenöl
1 Eßl. Obstessig
Grob gemörserter Pfeffer
Salz
Eine Handvoll geröstete Haselnusskerne
ZUBEREITUNG

Den Rosenkohl putzen und die einzelnen Blättchen in kochendem Salzwasser zwei  Minuten blanchieren. Die Blättchen nicht zu weich werden lassen. Nebeneinander abkühlen lassen. In der Zwischenzeit die Schale von der Orange abreiben und den Saft der Orange auspressen. Diesen mit Ahornsirup, Öl und Essig gut vermischen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Vinaigrette vorsichtig unter die Blättchen mischen.
GUT ZU WISSEN

Bei Einkauf des Rosenkohls bedenken, dass man relativ viele äußere Blätter nicht verwenden kann. Deshalb lieber ein paar Gramm mehr kaufen.

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