Möhre, Karotte oder gelbe Rübe

„Willst was gelten, mach‘ Dich selten!“  Manche Gemüse- oder Obstsorten werden nur in einem sehr begrenzten Zeitraum reif. Wenn man den verpasst, muss man leider wieder ein Jahr warten. Diese Raritäten sind deshalb heiß begehrt und oftmals teuer. Wachsen sie zudem nur in einer ganz bestimmten Region der Welt – wie beispielsweise die weißen Trüffel aus Alba – sind sie unerschwinglich.

Damit können die Karotten als Allerweltsgemüse nicht konkurrieren, aber ein Produkt schmeckt ja noch nicht deshalb gut, weil es selten ist. Und Karotten sind aus unserer Ernährung nicht wegzudenken. Jedes Kleinkind beginnt nach der Muttermilch mit weich pürierten Karotten. Kein Suppengemüse, kein Wurzelgemüse für den Braten und für Fonds ohne Karotte, kein Salatteller ohne geraspelte Möhren und sogar ein Kuchen wird saftig, süß und gesund mit Karotten. Sie liegen so selbstverständlich in unserem Einkaufskorb, dass sie viel zu wenig Beachtung finden.

Glücklicherweise kamen zu den orangen Rübli Neuzüchtungen von farbigen Karotten wie beispielsweise die violette„purple haze“ auf den Markt, die fälschlicherweise als alte Sorte gehandelt wird. Dabei waren es im mitteleuropäischen und mediterranen Raum vielmehr weiße Wurzeln, die erst durch holländische Züchtungen im 17. Jahrhundert orange Schwestern bekamen.

Mengenmäßig sind die Karotten nach den Tomaten das bedeutendste Gemüse. Anders als bei Tomaten, die es „eigentlich“ nur in den Sommermonaten gibt – würde man mit Importen von irgendwoher und mit Treibhaustomaten nicht nachhelfen – gibt es Karotten aus heimischer Ernte ganzjährig. Die Herbstkarotten lassen sich sehr gut lagern und sind auch jetzt im März noch prima zu verwenden, auch wenn sie natürlich nicht mehr so saftig sind, wie frisch aus der Erde gezogen.
Lange vor ihrer Karriere in der Küche wurde die Karotte in der Medizin genutzt. Dies liegt insbesondere an dem natürlichen Farbstoff Beta-Carotin, den die Möhren reichlich enthalten und sowohl positiv auf das Immunsystem als auch auf die Sehkraft wirken. Die Möhren sind auf Grund ihres hohen Anteils an Carotin und der damit verbundenen antioxidativen Wirkung sogenannte Radikalfänger.

Als Rohkost schmecken sie in Kombination mit Äpfeln, im Sommer mit Nektarinen oder Aprikosen ganz wunderbar. Zitronensaft als Säure passt besser als Essig. Gewürze wie Zimt, Kümmel, Kreuzkümmel, aber auch Kardamom bieten der natürlichen Süße Paroli. Deshalb passt auch Ingwer mit seiner Schärfe so gut zu ihr. Viele Kräuter mögen die Karotte: Die ebenso allgegenwärtige Petersilie, aber ebenso Kerbel, Estragon, Koriander, Basilikum oder Dill, Salbei, Rosmarin und Thymian – alle geben Gerichten mit Karotten eine ganz eigene Geschmacksrichtung.

Nicht zu vergessen ist, dass sich die gesundheitliche Wirkung der Karotten mit Butter oder Öl besser entfalten kann als ohne Fett. Deshalb ergänzen fetthaltige Nüsse aller Art Gerichte mit Karotte so gut.

Ein paar Worte noch zum Einkauf: Karotten wachsen als Wurzelgemüse in sandig-lehmigen Böden. Weil wir es nicht mehr so mögen, in unseren schicken Küchen „Dreck“ zu machen, greifen wir vermehrt zu vorgewaschenen Karotten. Dabei wäre gerade ein wenig Erde um die Wurzeln eine natürliche Schutzschicht, die die Karotten länger frisch hält. Meine Empfehlung ist es, sich lieber eine Gemüsebürste zuzulegen, die Karotten samt ein wenig Erde zu lagern, sofern man sie nicht gleich verarbeiten will, denn – siehe oben – Karotten sind so vielfältig, dass sie im Grunde immer in unserer Speisekammer vorrätig sein sollten.

KAROTTEN-TATAR

ZUTATEN
für 2 Personen

300 g bunte Karotten
1 Schalotte
2 Eßl. Haselnussöl
2 Eßl. Cognac
100 ml Gemüsebrühe
2 Sardellen
1 Eßl. gesalzene Kapern
1 Eßl. schwarze Oliven
1 Eßl. feiner Dijonsenf
Abrieb einer Zitrone
2 Eigelb
1 guter Schuss dicker Balsamico
1 gute Prise Majoran
Grob gemörserter Pfeffer
Schnittlauch oder Petersilie oder Kerbel, je nach Saison
Ein paar grob gehackte, geröstete Haselnüsse

ZUBEREITUNG

Die Karotten schälen. Der Länge nach in dünne Scheiben schneiden (geht gleichmäßig am besten mit der Aufschnittmaschine), danach in Streifen schneiden und anschließend in sehr feine Würfelchen, sogenannte Brunoise. Es sollte alles so aussehen, wie klein gewürfeltes Rindertatar.

Die Schalotte schälen und ebenso würfeln. Das Öl in einer Pfanne mäßig erhitzen und die Schalottenwürfelchen weich werden lassen. 
Sie sollten nicht braun werden. Dann die Karotten zufügen, umrühren und dann mit Cognac ablöschen. Gemüsebrühe angießen und einkochen lassen bis keine Flüssigkeit mehr vorhanden ist. Die Karotten werden aber immer noch Biss haben.

Die Masse gut abkühlen lassen. Die Sardellen, die Kapern und Oliven sehr fein würfeln und zu den Karotten geben, Alle weiteren Zutaten mit Ausnahme der Nüsse untermischen und gut abschmecken. 
GUT ZU WISSEN

Die Karottenmasse sollte unbedingt gut abgekühlt sein, bevor die Eigelbe dazugefügt werden.

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