Mohn im Glücksstrudel

Denken Sie bei Mohn auch sofort an Sommer und an goldgelbe Getreidefelder, aus denen die roten Blüten des Mohns herausleuchten? Oder an die sanften Hügel der Toskana mit ihrem wunderschönen Mohn, an dem man sich nie satt sehen kann? Vielleicht kommen Ihnen aber die faszinierenden Bilder von Claude Monet oder Emil Nolde in den Sinn, die beide den Mohn als Motiv auf die Leinwand gebracht haben. So geht es mir jedenfalls, die schon als Mädchen versucht hat, die Vergänglichkeit der zarten, roten Blütenblätter einzufangen, in dem ich sie zwischen dicken Büchern gepresst habe. 

Ich habe es noch nicht ergründet, warum die meisten Menschen so fasziniert  von den Blüten sind, aber ich vermute, dass es die positive und glücklich machende Ausstrahlung ist, die von den Blüten ausgeht. Bei dieser Pflanzengattung handelt es sich um den wild wachsenden Klatschmohn. 

Der, der anders glücklich und schläfrig macht, der eine betäubende Wirkung zeigt, ist dagegen der Schlafmohn. „Hul Gil“, Blume des Glücks, nannte man ihn deshalb im historischen Zweistromland. Aus dem milchigen Saft der unreifen Samenkapseln wird das Roh-Opium gewonnen, das schon Jahrtausende lang ein beliebtes Rauschmittel ist.

Was auf unsere Mohnbrötchen gestreut wird, sind erstaunlicherweise diese Samen des berühmt-berüchtigten Schlafmohns. Natürlich haben es Züchtungen möglich gemacht, dass wir beim Frühstück nicht einschlafen, sondern den Mohn als kulinarisches Genussmittel zu uns nehmen können.
Ein bekanntes Mohnanbaugebiet liegt im österreichischen Waldviertel. Ausgesät wird hier – wie in den meisten anderen Mohnanbaugebieten der Blaumohn. Er ist weltweit die am häufigsten kultivierte Mohnsorte. Die winzig kleinen blauen Kügelchen haben eine dicke Samenschale. Die darin enthalten Gerbstoffe bringen den intensiven, herben Geschmack. Ich mag es im Winter, wenn ich die Körnchen im Ganzen in einer Pfanne leicht anröste – so wie man Pinienkerne anröstet – und dann über kräftige Salate wie z.B. Rote Bete oder Endiviensalat streue. Aber auch über eine Tafelspitzsülze und auf Ziegenkäse oder Schafskäse passt leicht angerösteter Mohn sehr gut.

Für mein Rezept für den Mohnstrudel benötigt man jedoch gemahlenen Mohn. Ich kaufe den bevorzugt im Reformhaus. Dort gibt es im Regal ganze Mohnkörner und ich lasse mir diese dann frisch mahlen. Gemahlener Mohn ist von sehr kurzer Haltbarkeit. In wenigen Wochen bekommt er einen ranzigen Geruch und Geschmack. Deshalb sollten Sie sich den Mohn immer frisch mahlen lassen. Sofern Sie diesen „Mahlservice“ nicht bekommen, so mörsern Sie die Körnchen zuhause in einem Mörser. Ein Mörser sollte sich meiner Meinung nach in jeder ambitionierten Küche befinden. Wenn noch keiner in Ihrer Küche ist, wäre das vielleicht eine Geschenkidee für Ihren Wunschzettel zu Weihnachten? Auch die Gewürze, die Sie für den Mohnstrudel brauchen – Zimt, Nelke und Kardamom – würde ich immer im Ganzen kaufen und frisch mörsern. So verfliegt das Aroma weniger, als wenn Sie die Gewürze in Pulverform erwerben.

Genießen Sie den Mohnstrudel am 3. Adventssonntag zum Tee!

MOHNSTRUDEL

ZUTATEN

Für den Teig:
500 g Weizenmehl
1 P. Hefe
100 g Zucker
½ Teel. Salz
¼ l Milch
100 g Butter
1 Ei
 
Für die Glasur:
120 g Puderzucker
2 Eßl. Rum oder Grappa
Für die Füllung:
¼ l Milch
60 g Butter
300 g gemahlener Mohn
100 g Zucker
60 g Rosinen
120 g gehackte Haselnüsse
1 Ei
1 Messerspitze Zimt, Nelke und Kardamom

ZUBEREITUNG

Mehl in eine Schüssel geben, in die Mitte eine kleine Vertiefung machen und dahinein die Hefe bröckeln. Mit einem Teel. Zucker und etwas Milch vermischen. Den Hefebrei mit Mehl bestäuben und die Schüssel mit einem Küchentuch abdecken und an der Wärme etwa 15 Minuten gehen lassen. Die restlichen, zimmerwarmen Zutaten dazugeben und zu einem Knetteig verkneten. Den Teig nochmals zugedeckt an einem warmen Ort zu doppeltem Volumen aufgehen lassen.

In der Zwischenzeit koche ich die Milch mit der Butter auf und lasse Mohn und Zucker einrieseln. Die Masse etwas abkühlen lassen und Rosinen, Nüsse, Ei und Gewürze dazugeben.
Den aufgegangenen Teig knete ich nochmals durch und rolle ihn zu einem Rechteck aus. Dabei achte ich darauf, dass die Teigplatte gleichmäßig dick ist.

Die Füllung streiche ich auf die Platte und rolle sie von der Längsseite her auf. Mit der offenen Seite nach unten lege ich die Rolle auf ein mit Backpapier ausgekleidetes Backblech. Mit einem scharfen Messer schneide ich kreuzförmig den Teig bis zur Mohnfülle ein. Den Strudel bei 170 Grad ca. 40 Minuten backen.
 
Für die Glasur vermische ich Rum oder Grappa mit dem Puderzucker und bepinsle den noch heißen Strudel damit.
GUT ZU WISSEN

Biohefe aus dem Bioladen verwenden, keine Trockenhefe! Ein Würfel hat 42 Gramm.
ANRICHTEN

Hefeteig schmeckt am besten lauwarm, Sahne dazu, aber auch Apfel- oder Birnenkompott passen in den Wintermonaten zu Mohn sehr gut.

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