In diesen Apfel kommt nur echte Vanille

Kochen hat sehr viel mit Riechen zu tun. Schon beim Einkauf lässt man sich gerne von betörenden Gerüchen locken. Nicht nur deshalb bedaure ich, dass mittlerweile so viele Lebensmittel luftdicht in Folie verschweißt sind. Es ist für mich ganz wunderbar, im Herbst die reifen Äpfel und Quitten zu riechen, im Frühling steigt mir der Waldmeisterduft in die Nase, Basilikum vermittelt mir im Sommer pure Lebensfreude und auch dem Winter kann ich mit seinem Kohlgeruch kulinarisch etwas abgewinnen.

Unsere Nase ist ohnehin ein wichtiger Indikator für verdorbene Lebensmittel, was bei Fisch besonders wichtig ist. Und ob ein Gericht gerade dabei ist, in der Küche anzubrennen, riecht man sogar früher als man es sieht! Deshalb ist der Duft der Lebensmittel essentiell. Neben ein paar Lieblingsgewürzen von mir (da gehört z.B. Muskatnuss dazu) löst bei allen meinen Kochkursteilnehmern und mir das Aroma der Vanilleschote jedes Mal ein großes „hmmh“ aus, sobald ich die Schote aus der Packung nehme.

Mit dem Geruch der Vanille assoziieren wir offenbar sofort süße Gerichte wie Crème brûlée, Vanilleeis und heiße Vanillesoße. So oft es auch bei den ersten Gängen eines Menüs Ressentiments und Sonderwünsche gibt, so einig ist man sich beim süßen Dessert. Besonders dann, wenn Vanille die Hauptzutat ist.

Vanilla planifolia, die Bourbon-Vanille ist eine Orchidee und gehört mit Safranblüten zu den teuersten Gewürzen. Ihr Preis liegt derzeit um die 10 Euro das Stück! Die Gründe dafür sind vielfältig: Was so umwerfend riecht, möchten viele haben, nicht nur wir in den Küchen, sondern auch die Parfümeure. Dafür reichen die natürlichen Anbauflächen auf Madagaskar, Mauritius, Tahiti, La Réunion und dem Ursprungsland der Vanille, Mexiko nicht aus. Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Die Pflanze muss von Hand bestäubt und auch als grüne Schoten geerntet werden.
In Holzkisten werden sie fermentiert, dann getrocknet und danach ebenfalls von Hand nach Größe sortiert und gebündelt. Erst dann beginnt der eigentliche Reifeprozess von etwa einem halben Jahr. Ohne die Veredelung wäre die Vanilleschote nicht essbar. Um dieses aufwändige und kostenintensive Verfahren abzukürzen, wird schon seit 150 Jahren künstlich Vanillin aus einem Abfallstoff der Papierindustrie hergestellt. Als aufmerksamer und ernährungsbewusster Verbraucher weiß man das mittlerweile und viele achten beim Einkauf ihres Joghurts oder Gebäcks auf den Zusatz „hergestellt mit natürlicher Vanille“. Dass nur ein kleiner Bruchteil echter Vanille enthalten sein muss, um zu dieser Etikettierung zu kommen, weiß der Verbraucher leider oftmals nicht mehr. Aber auch dieser in der Einzelpackung geringfügige Einsatz echter Vanille führt im Großen zu einer weiteren Verknappung des begehrten Gutes.

Allein also der Kauf einer glänzenden Vanilleschote und das Rühren von Eiern und Milch bringt uns den wahren Vanillegeschmack. Dazu schneide ich die Vanilleschote an der schmalen Seite mit einem sehr scharfen, kleinen Messer von einem zum anderen Ende auf und klappe die Schote auf. Mit dem Messer streiche ich auf der Innenseite der Schote vorsichtig die Millionen von tief-schwarzen Samen an eines der Enden. Koche ich Sahne und Milch auf, gebe ich sowohl die ausgekratzte Vanilleschote als auch den Samen dazu. Verwende ich Vanille zum Backen, stecke ich die leere Schote in ein großes, verschließbares Glas gefüllt mit Zucker. Der Zucker wird in wenigen Wochen den bezaubernden Duft der Vanille angenommen haben und nun in der Weihnachtsbäckerei bei den Vanillekipferl gute Dienste leisten.

Zur Einstimmung auf die Adventszeit gibt es noch das Rezept meines Bratapfels dazu; die Vanillesoße schmeckt mir aber zu jeder Jahreszeit!

BRATAPFEL UND VANILLESOßE

ZUTATEN

4 gleichmäßig große Äpfel, bevorzugt rote Schale
2 Eßl. Gehackte Mandeln
2 Eßl. Gehackte Walnüsse
1 Eßl. Feigen
1 Eßl. Korinthen
1 Eßl. Zitronensaft
Kardamom, gemahlen
Zimt, gemahlen
2 Eßl. Rum
2 Eßl. Hagebuttenmarmelade oder Johannisbeergelee oder Quittengelee
Butterflöckchen
Für die Vanillesoße:
3 Eigelb
500 ml Milch
1 Vanilleschote
60 g Zucker
2 Eßl. Speisestärke
 
Evtl. etwas flüssige Sahne
 
Puderzucker zum Bestäuben

ZUBEREITUNG

Die Äpfel waschen und mit einem Kernhausentferner das Kernhaus herausstechen. Dabei darauf achten, dass man wirklich alles Feste vom Kernhaus entfernt. Damit der Apfel nicht zu schnell braun wird, beträufele ich das Innere mit etwas Zitronensaft.

Mandeln, Walnüsse, Feigen fein hacken und mit Korinthen, Gewürzen, dem Rum unter die Marmelade rühren. Diese Masse anstelle des Kernhaus in das Innere der Äpfel geben. Auf jeden Apfel gebe ich ein kleines Butterflöckchen und backe die Äpfel bei 180 Grad ca. 30 Minuten. Die Backdauer hängt von der Größe und der Konsistenz der Äpfel ab. (Wie bei Kartoffeln prüfen, ob die Äpfel weich genug sind – manchmal löst sich dann die Schale schon ein wenig ab).
In der Zwischenzeit die Vanillesoße anrühren. Dafür Eigelb, Milch, Zucker, Speisestärke und das Innere der Vanilleschote als auch die aufgeschlitzte Vanilleschote selbst in einen Topf geben. Unter ständigem Rühren erhitzen bis die Soße eine sämige Bindung bekommt. Wird die Soße zu dick, gebe ich etwas kalte, flüssige Sahne dazu.Die Soße streiche ich durch ein feines Sieb.


ANRICHTEN

Die Soße gebe ich in eine tiefe Schale und setze einen Bratapfel in die Mitte. Mit Puderzucker bestäuben und sofort warm servieren.

GUT ZU WISSEN

Wenn Sie Vanilleschoten auf Vorrat einkaufen, rate ich dazu, sie einzufrieren. So behält die Vanille am besten ihr Aroma und trocknet nicht aus.

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