Ein Ostermenü mit Lamm und Ei

Mein Opa war Mitglied in einem Geflügelzuchtverein, was mich als Kind leider herzlich wenig interessierte. Diese Vereine sind heutzutage nahezu in der Bedeutungslosigkeit versunken. Zu Unrecht, wie ich finde, und mit Folgen. Ein Huhn ist ein Huhn und ein Ei ist ein Ei? Nein, wahrlich nicht. Leider nehmen wir aber die große Vielfalt in Gestalt und Geschmack nicht wahr – anders als etwa bei Tomaten, wo wir inzwischen verstanden haben, wie unterschiedlich sie schmecken. Dabei gibt es so viele wunderschöne Hühnerrassen. Darunter auch Zweinutzungsrassen, die sowohl schmackhaftes Fleisch entwickeln, als auch viele Eier legen. Nur die Männer natürlich nicht, die sind ein Problem: Weil Hähne bekanntlich keine Eier legen, werden sie immer noch oft als Küken geschreddert, sofern der Betrieb keine Hähnchen züchtet.

Glücklicherweise kenne ich einen Demeter-Betrieb in meiner Nähe, der viele verschiedene Hühnerrassen aufzieht und dabei die Brüder leben lässt. Also, zumindest, bis sie groß sind. Dann werden einige von ihnen bei mir zu köstlichem Coq au vin, Hähnchen in Rotwein. Ihre Schwestern wiederum legen Eier allerlei Couleur, was mit den unterschiedlichen Rassen zu tun hat. Die Farben haben keinerlei Auswirkungen auf den Geschmack, sehen aber sehr hübsch aus, vor allem jetzt im Osternest! Da braucht es kein Ostereierfärben – die Natur macht es um ein Vielfaches besser.

Wenn eine Henne schlüpft, trägt sie bereits alle Eizellen, die sie je produzieren wird, in sich – ganz ähnlich, wie beim Menschen auch. Mit etwa 18 bis 24 Wochen beginnt die Henne, Eier zu legen. Das tut sie auch ohne Hilfe eines Hahnes und – wenn man sie lässt – vier, fünf Jahre lang. Ein Ei entwickelt sich von innen nach außen: zuerst das Eigelb, dann das Eiweiß und zum Schluss die Schale aus Kalk. Dieser ganz erstaunliche Vorgang dauert nur 24 Stunden. Die zerbrechliche Schale hält den Inhalt zusammen und schützt ihn vor Bakterien aus der Außenwelt. Sie ist aber zugleich porös und lässt Luft in das Ei eindringen. Aus diesem Grund sollten Eier nicht zusammen mit stark riechenden Lebensmitteln gelagert werden.

Für mich gibt es kaum ein unverzichtbareres Grundnahrungsmittel als das Hühnerei. Ohne Ei gäbe es keinen Nudelteig, keine
Carbonara, keinen Biskuit oder Baiser, keine Bayerisch Crème, Crème brûlée, Soufflés oder Lemon Curd, keine Hollandaise oder Mayonnaise. Das Sonntagsfrühstück wäre ohne Rührei, Spiegelei, oder wachsweich gekochtes Ei nur halb so schön. Die Cocktailkarte ohne Gin Fizz oder Whiskey Sour nicht spannend genug. Und das Leben insgesamt wäre ohne schön cremige Eiscreme zwar möglich, aber sinnlos.

Deshalb sollten wir viel stärker auf Güte, Herkunft und Frische unserer Hühnereier achten. Die Frische lässt sich ganz leicht prüfen, indem man ein Ei in kaltes Wasser legt. Sinkt es zu Boden, ist es frisch, wenn es aufrecht im Wasser steht, ist es ca. zwei Wochen alt. Schwimmt es, mag ich es nicht mehr essen. Dazu muss man sagen, dass Ei geschmacklich zwischen dem siebten und dem vierzehnten Tag nach dem Legen seine beste Qualität erreicht. Ganz frisches Eiweiß lässt sich außerdem nicht gut steif schlagen.

Eier lagere ich dunkel und kühl, am besten mit der Spitze nach unten. Habe ich vor, einen Kuchen zu backen oder eine Mayonnaise zuzubereiten, lasse ich die Eier ein bis zwei Stunden vor dem Verbrauch Zimmertemperatur annehmen. Ist gerade keine Zeit zum Kochen, ist ein Rührei, Spiegelei oder Omelett ruckzuck zubereitet, und eine sättigende warme Mahlzeit. Wer etwas mehr Zeit hat, kann mit Eiern aber auch Spätzle schaben und zur österlichen Lammschulter servieren, das Rezept dafür stelle ich heute vor.

Bevor wir loslegen, nur eines noch: Ich kaufe ausschließlich biologische oder Freilandeier aus der Region. Auf industriell hergestellte Fertigprodukte, in denen Ei verarbeitet ist (Eiernudeln, Mayonnaise, Gebäckstücke), verzichte ich. Ja, ich weiß, Fertigprodukte sind praktisch. Alles selbst zu kochen kostet Zeit. Aber wir Verbraucherinnen und Verbraucher haben es in der Hand, bessere Lebensmittel nachzufragen und der Massentierhaltung damit Einhalt zu gebieten. Auf die Politik sollten wir uns nicht allein verlassen. Aber dort Druck zu machen, dürfen wir beim Kochen natürlich nicht vergessen.

SPÄTZLE UND GESCHMORTE LAMMSCHULTER

ZUTATEN
für 2 Personen

300 g bunte Karotten
1 Schalotte
2 Eßl. Haselnussöl
2 Eßl. Cognac
100 ml Gemüsebrühe
2 Sardellen
1 Eßl. gesalzene Kapern
1 Eßl. schwarze Oliven
1 Eßl. feiner Dijonsenf
Abrieb einer Zitrone
2 Eigelb
1 guter Schuss dicker Balsamico
1 gute Prise Majoran
Grob gemörserter Pfeffer
Schnittlauch oder Petersilie oder Kerbel, je nach Saison
Ein paar grob gehackte, geröstete Haselnüsse

ZUBEREITUNG

Die Karotten schälen und der Länge nach in dünne Scheiben schneiden (geht gleichmäßig am besten mit der Aufschnittmaschine). Danach die Scheiben in Streifen schneiden und anschließend in sehr feine Würfelchen, sogenannte Brunoise. Es sollte am Ende so aussehen, wie klein gewürfeltes Rindertatar.

Die Schalotte schälen und ebenso würfeln. Das Öl in einer Pfanne mäßig erhitzen und die Schalottenwürfelchen darin weich werden lassen. Sie sollten nicht braun werden. Dann die Karotten zugeben,
umrühren und kurz darauf mit Cognac ablöschen. Gemüsebrühe angießen und einkochen lassen, bis keine Flüssigkeit mehr vorhanden ist. Die Karotten sollten immer noch etwas Biss haben.

Das Gemüse gut abkühlen lassen. Die Sardellen, die Kapern und Oliven sehr fein würfeln und zu den Karotten geben, Alle weiteren Zutaten mit Ausnahme der Nüsse untermischen und gut abschmecken. 
ANRICHTEN

Die Masse auf einem Teller hübsch anrichten und mit den Kräutern und den Haselnüssen bestreuen. Mit einer Scheibe Roggenvollkornbrot servieren.
GUT ZU WISSEN

Die Karottenmasse sollte unbedingt gut abgekühlt sein, bevor die Eigelbe dazugefügt werden.

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