Ein Männlein steht im Walde

ganz still und stumm, es hat vor lauter Purpur ein Mäntlein um. Sagt, wer mag das Männlein sein, das da steht im Wald allein mit dem purpurroten Mäntelein. Kennen Sie es noch, dieses Rätsellied für Kinder, das Heinrich Hoffmann von Fallersleben vor fast 200 Jahren verfasst hat und das nicht etwa den Fliegenpilz beschreibt, an den man zuerst denkt, sondern die Hagebutte?

Die Hagebutte ist eine wilde, heimische Rosenart, von der es viele verschiedene Arten bei uns gibt, die alle essbar sind. Sie sind wahre Vitaminbomben: 100 Gramm enthalten fast 800 mg Vitamin C und haben damit nicht nur in der Küche, sondern auch in der Naturheilkunde große Bedeutung. Der Name geht auf das Wort „Hag“ zurück, ein von einer Hecke begrenztes Grundstück. Die Heckenrose liefert uns im Spätherbst jene leuchtend roten Früchte, die als köstliches Fruchtmark, sogenanntes Hiffenmark,  nun in der Faschingszeit in unsere Faschingskrapfen gefüllt werden.

Gut haben es also die Sammler/innen, die im Herbst an Wald- und Wegesrändern mit dicken Handschuhen die Früchte von den stacheligen Hecken gesammelt haben. Starten Sie einmal mit 500 g Hagebutten. Das dauert schon eine Zeit!  So eine kleine Frucht wiegt ein paar Gramm – das Pflücken in der Herbstsonne sollte daher als Therapie betrachtet werden und es muss auch Freude bereiten. Wir können ernten, ohne vorher etwas gesät zu haben. Die Natur schenkt uns jedes Jahr unglaublich viel Eßbares. Zuhause werden die Früchte gewaschen, die Stiel- und Blütenansätze abgeschnitten und klein geschnitten. Und jetzt kommt’s:

Erinnern Sie sich spätestens in diesem Moment wieder daran, wie Sie entweder als Junge mit den Juckreiz auslösenden Härchen im Inneren der Hagebutte die Mädchen geärgert haben oder juckt es Sie an Hals und Rücken, wenn Sie als Mädchen daran zurückdenken, wie Ihnen die Jungs die Früchte in den Kragen Ihres Pullovers gesteckt haben? Wir haben im Schulhof auf jeden Fall im
Herbst immer ein paar Wochen die Pausen damit verbracht und trotz Juckens unseren Riesenspaß gehabt.

Zurück zu den Hagebutten, die nun zerkleinert mit 500 ml Apfelsaft aufgekocht und etwa eine Stunde lang weich geköchelt werden. Weich lassen sie sich wunderbar durch ein Sieb drücken – einfacher geht es mit der sog. „flotten Lotte“, die man unbedingt auch für Tomatensugo im Sommer braucht. Eine Anschaffung dieses nützlichen Helfers ist lohnenswert.

Das Hagebuttenmark lasse ich anschließend mit Gelierzucker im Verhältnis 1: 2 und etwas Zitronensaft kurz aufkochen. In Gläser abgefüllt schmeckt es zum Frühstück auf Toastbrot oder zu einer Brioche fantastisch. Trotzdem sollte man ein, zwei Gläser bis zur Faschingszeit aufheben, denn nun geht es ans Krapfen backen. Nachdem ab Aschermittwoch die Fastenzeit beginnt, spricht also vieles dafür, sich noch einmal einen richtig fetten Schmaus zu gönnen. Deshalb ist der Krapfen, wie er in Bayern und Österreich genannt wird, das geeignete Schmalzgebäck und es wird traditionell mit nichts anderem gefüllt, als mit dem Hagebuttenmark.

Was soll man als Berliner tun, der Pfannkuchen kennt und der Norddeutsche, der Berliner dazu sagt, aber keine Hagebutten im Herbst gesammelt hat?  Auf keinen Fall Pflaumenmus oder andere Marmelade einfüllen, nur mit Hagebutte ist es das Original. Und das gibt es in Gläsern in den Marmeladenregalen gut sortierter Supermärkte zu kaufen. 

Romantischer ist natürlich ein Glas aus dem eigenen Vorratsregal dafür zu holen, deshalb denken Sie im Spätherbst bei Ihren Spaziergängen schon mal an den köstlichen Krapfen. Die Zubereitung ist nur wegen der Gehzeiten des Hefeteigs so lang. Das Rezept dazu ist nicht sehr schwer:

FASCHINGSKRAPFEN

ZUTATEN FÜR 16 KRAPFEN

500 g Mehl
20 g Hefe
200 ml Milch
40 g Zucker
130 g Butter
1 Prise Salz
Schale einer abgeriebenen Zitrone
1 Ei
2 Eigelb
1 Eßl. Zwetschgenbrand

1 ½ / l Sonnenblumenöl zum Frittieren

250 g Hagebuttenmark
Zucker zum Bestäuben

ZUBEREITUNG

Zunächst stelle ich einen Vorteig her, in dem ich 20 g Hefe mit 100 ml lauwarmer Milch und 10g Zucker verrühre, mit zwei Eßlöffel Mehl bestäube und das Ganze für 15 Minuten bei guter Zimmertemperatur abgedeckt gehen lasse.

Die weiche Butter rühre ich schaumig, gebe nach und nach 30 g Zucker dazu, Salz und Zitronenschale. Das Ei und die Eigelbe einzeln, nach und nach unterrühren, danach das restliche Mehl mit den weiteren 100 ml lauwarmer Milch. Das Hefegemisch sowie den Zwetschgenbrand dazugeben und nochmals 3 Minuten kneten. Die Schüssel mit dem Teig mit einem Küchentuch abdecken und nochmals 1 ½ Stunden gehen lassen.

Den Teig erneut gut durchkneten, mit möglichst wenig oder gar keinem Mehl eine Rolle von 32 cm formen und 16 gleichmäßig große Scheiben abschneiden. Die Teigstücke mit beiden Händen zu kleinen Kugeln formen, sodass sich auf der Oberfläche eine Spannung ergibt. Die Kugeln auf ein leicht bemehltes Brett mit etwas Abstand voneinander setzen und locker mit Klarsichtfolie bedecken. Nochmals 30 Minuten gehen lassen. 
Dann die Folie entfernen und erneut 30 Minuten gehen lassen. Es soll auf den Kugeln eine leichte Haut entstehen. Nun das Öl in einem breiten Topf auf 170 Grad erhitzen. Die Kugeln mit der flachen Hand leicht andrücken und mit der Oberseite nach unten in den Topf gleiten lassen. Erst mit einem oder zwei Krapfen beginnen.

Den Topf für 3 Minuten abdecken. Danach werden die Krapfen gewendet und nochmals 3 Minuten gebacken. Das Fett darf nicht zu heiß sein, damit die Krapfen nicht außen zu braun werden und innen noch teigig sind.

Es muss sich an der dicksten Stelle ein heller Rand zeigen. Dann sind die Krapfen optimal. Lauwarm werden sie mit Hilfe einer Spritztülle mit dem Hagebuttenmark gefüllt. Klassisch werden sie in normalem Zucker gewälzt oder man siebt Puderzucker darüber.

Am Tag der Zubereitung essen!

GUT ZU WISSEN

Probieren Sie auch mal aus, die Krapfen in Butterschmalz zu frittieren. Dann schmecken sie noch besser.

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