Die Prinzessin auf der Erbse

Saftig, grün und knackig – so wünscht man sich das Gemüse der Saison. Bei Erbsen allerdings ist es gar nicht so einfach, sie erntefrisch zu erwischen. Palerbsen mit ihren runden, stärkehaltigen Samenkörnern werden getrocknet meist in Suppen verwendet oder zu Erbsmehl vermahlen. Markerbsen haben zartere Körner, die leider heutzutage fast ausnahmslos tiefgekühlt oder eingeweckt im Glas zu erwerben sind. So weiß man kaum noch, wie sie direkt nach der Ernte im Juni und Juli schmecken. Wer hat die Schoten mit den Fingern schon einmal aufgeknackt, mit dem Daumen die grünen, zarten Kugeln herausgepult, um sie sofort zu verspeisen? Diese unendliche grüne Erbsigkeit hat mit der Gleichförmigkeit der Dosenware nichts gemein.

Bei den Italienern, speziell den Venezianern gibt es ein frühlingshaftes, wunderbares Gericht, Risi e bisi, in dem traditionell die ersten jungen Erbsen der Saison roh unter einen wundervoll einfachen Risotto gerührt werden. Für ein authentisches Risi e bisi benötigt man die kleinsten und zartesten Erbsen, die man finden kann. Tiefkühlerbsen sind für dieses Gericht ein No-go.

Palerbsen gelten als allerälteste Gruppe der ältesten, aus Vorderasien stammenden Hülsenfrucht. Die entwicklungsgeschichtlich jüngsten Erbsen sind die Zuckerschoten, Kaiserschoten oder Kefen. Bei ihnen isst man die ganze Hülse mit, in denen die unreifen Erbsen stecken,
sie ist flach und nicht so fleischig und dick wie die der Markerbse. Man züchtete den Kefen die Pergamentschicht der Hülse, so gut es ging, weg; daher rührt, dass sie im Französischen Mangetout heißen – „Iss alles“. Stimmt allerdings nur fast: Es ist wichtig, bei den Zuckerschoten die Spitze und den Stielansatz mit einem sehr scharfen Messer knapp abzuschneiden und dabei in einem Zug den Faden, der sich zäh an der Längsseite festhält, zu entfernen. Nur so macht das Essen von Zuckerschoten Spaß. Ist der Faden nicht so gut abgelöst, ist es ähnlich wie mit schlecht geschältem Spargel.

Zuckerschoten (und Erbsen überhaupt) sind nicht lange lagerfähig und sollten deshalb möglichst noch am gleichen Tag frisch gegessen werden. Die kurze Saison der Zuckerschoten sollte man nutzen und die Augen offenhalten beim Einkauf auf dem Bauernmarkt. Wer einen großen Garten und ein Gemüsebeet frei hat, könnte nächstes Jahr im März auch ein paar Reihen säen. So kommen Sie in den Genuss von zarten, gekräuselten Erbsensprossen, die in einer Schüssel Salat nicht nur äußerst apart aussehen, sondern auch den Geschmack des Frühsommers in sich tragen.

Erbsen sind unkompliziert bei der Verwendung in der Küche. Sie brauchen keine lange Zubereitungszeit – und ihr süßer Geschmack wird in diesem Rezept von Aprikosen und ein bisschen Zucker unterstrichen.

ZUCKERSCHOTEN MIT GEBRATENEN APRIKOSEN

ZUTATEN

200 g Zuckerschoten
1 Eßl. Butter
Salz
4 Aprikosen
1 Teel. Zucker
1 Stengel Lavendel
(alternativ Salbei oder Bohnenkraut)
Etwas Marillenlikör
Grob gemörserter Pfeffer

ZUBEREITUNG

Die Zuckerschoten mit kaltem Wasser waschen und putzen. Dazu am besten mit einem kleinen scharfen Messer ein Ende anschneiden, aber nicht komplett durchschneiden, um den Faden, der sich an der Längsseite der Hülse befindet, abziehen zu können. Auch am anderen Ende genauso verfahren.

Einen kleinen Topf mit Wasser zum Kochen bringen, salzen und die Zuckerschoten 2 Minuten blanchieren. Mit einem Schaumlöffel die Schoten aus dem Wasser nehmen und flach auf eine Platte legen. So kühlen sie schneller aus.

Liegen die zarten Schoten in einer kleinen Schüssel aufeinander, garen die Unteren weiter und werden zu weich. Übergarte Erbsen werden matschig und klebrig.
In einer Pfanne die Butter schmelzen. Die Aprikosen halbieren, den Kern entfernen und mit der Schnittseite nach unten in die Pfanne legen. Mit dem Zucker bestreuen und die Aprikosen weich schmoren. Den Lavendel oder Salbei oder Bohnenkraut mit in die Pfanne geben. Dabei die Aprikosen einmal wenden. Sind die Aprikosen noch säuerlich, etwas mehr Zucker darüber streuen. Anschließend mit einem kleinen Schuss Marillenlikör ablöschen. Die Zuckerschoten dazugeben und in der Butter heiß werden lassen und mit der Butter überziehen. Eventuell nochmals salzen. Auf jeden Fall mit der Pfeffermühle grob gemahlenen Pfeffer darüber geben.

Dazu Salzkartoffeln servieren. Auch Feta, darüber gekrümelt, passt sehr gut – und wer es mag: Leber, vom Lamm, vom Kalb oder vom Geflügel.
GUT ZU WISSEN

Zuckerschoten aus dem Supermarkt oder dem Asialaden kann man das ganze Jahr über kaufen. Sie kommen meist aus Kenia, Guatemala oder Ägypten. Die Zuckerschoten aus heimischem Anbau gibt es nur im Juni und Juli.

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