Die Knolle der Gegenwart

Es gibt schon nachvollziehbare Gründe, weshalb ein Gemüse wie die Topinambur in Europa über Jahrzehnte kaum kultiviert wurde: zu arbeitsintensiv bei der Ernte – nur per Hand aus der Erde zu holen; zu mühsam in der Küche – viel zu viele Furchen und Einkerbungen, um die Knolle routiniert schälen zu können. Zum Glück hat all das ihr Comeback nicht verhindert. Denn ohne die Knolle würde uns etwas fehlen.
 
Immer mehr Menschen sehnen sich nach etwas Besonderem auf dem Teller. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach regional gewachsenem Gemüse. Die Topinambur befriedigt auf einzigartige Weise beide Bedürfnisse und passt damit perfekt in unsere Gegenwart. Sie stammt ursprünglich aus Nordamerika, wo sie schon lange Hauptnahrungsmittel vieler Ureinwohner-Stämme war. Inzwischen gedeiht sie aber auch in Mitteleuropa prächtig.

Die Topinambur ist eng mit der Sonnenblume verwandt und im Spätsommer eine Zierde für jeden Garten. Die Pflanze steht mit
ihren gelben Blüten mannshoch an vielen Zäunen. Aber statt in der Blütendolde Kerne auszubilden, wie ihre Schwester, steckt sie all ihre Kraft in wohlschmeckende Knollen unter der Erde. Diese werden ab Ende Oktober geerntet. Die Topinambur-Knollen haben eine dünne Schale und bleiben nur einige Tage im Kühlschrank wirklich knackig frisch. Dafür steckt in ihnen mehr Gutes und Gesundes, als etwa in Kartoffeln. Sie speichern blutbildendes Eisen, viel mehr als Spinat, und enthalten eine ordentliche Menge Inulin – ein langkettiges Kohlenhydrat, das den Blutzucker stabilisieren und den Appetit zügeln soll.
 
Allerdings zählt Inulin zu den Ballaststoffen, die sich zwar positiv auf die Darmflora auswirken, aber auch erst einmal zu Blähungen führen können. Ein relativ einfacher Trick, um den Bauch zu schonen: Natron ins Kochwasser geben. Und Kräuter dazu servieren! Fenchelgrün, Anis, Dill oder Kümmel sorgen nicht nur für eine bessere Verträglichkeit, sie ergänzen auch wunderbar den feinen Geschmack der Knolle.

GESCHMORTE UND ROHE TOPINAMBUR

ZUTATEN für zwei Personen

400 g Topinambur
2 Eßl. Ahornsirup
2 Stängel Thymian
Schale und Saft einer Zitrone
2 Eßl. Sonnenblumenöl
 
Etwas Fleur de sel
Etwas Grob gemörserter weißer Pfeffer
 
1 Handvoll Sonnenblumenkerne

ZUBEREITUNG

Topinambur schälen und etwa drei Viertel davon in grob gleich große Stücke schneiden. Auf ein großes Stück Alufolie legen und mit Ahornsirup beträufeln. Thymian abzupfen und darüber streuen. Die Schale der Zitrone abreiben, danach den Saft auspressen. Etwa zwei Drittel des Abriebs und Safts über die Topinambur geben und etwas Sonnenblumenöl darüber träufeln.
 
Die Alufolie gut verschließen und das Päckchen im Backofen bei 200 Grad ca. 15 Minuten garen lassen. In der Zwischenzeit die Sonnenblumenkerne in einer Pfanne ohne Öl goldgelb rösten. Die restlichen 100 g rohe Topinambur sehr fein hobeln und mit
der übrigen Zitronenschale, dem Zitronensaft, etwas Fleur de sel und grob gemörsertem weißen Pfeffer anmachen. Die geschmorte Topinambur ist gar, wenn sie sehr weich ist und fast zerfällt. Dann aus dem Ofen holen und mit Fleur de sel würzen.
 
Auf einem vorgewärmten Teller die geschmorten Topinambur-Stücke anrichten, dazwischen die gehobelte, rohe Topinambur setzen und alles mit den gerösteten Sonnenblumenkernen bestreuen. Ein Salat aus Radicchio oder Chicorée passt sehr gut dazu – am besten separat daneben servieren.
GUT ZU WISSEN

Die Schalen der Topinambur lassen sich in Sonnenblumenöl frittieren. Knusprig und heiß serviert, mit einer Prise Salz als Topping.

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