Die fabelhafte Vielfalt des Blumenkohls

Vor ein paar Jahren besuchte ich einen Studenten, der in meiner Kochschule arbeitete, während seines Auslandssemesters in Paris. Basti hatte schon ein wenig Ortskenntnisse und wir landeten am ersten Abend im Restaurant MIZNON im Stadtteil Marais, einem Zentrum jüdischer Kultur im 4. Arrondissement.

Der israelische Koch Eyal Shani hatte 2011 in Tel Aviv das erste MIZNON gegründet, um ein paar Jahre später ein zweites in Paris zu eröffnen. Das Restaurant war in einem typischen Pariser Eckladen untergebracht, weiße Fliesen bis zur Decke, alles eher shabby-chic eingerichtet, die Musik überlaut und das gegenseitige Zurufen der Mitarbeitenden hinter dem Tresen noch lauter.

Wir standen am Tresen und entschieden uns für Choux fleur – Blumenkohl. Der ist im MIZNON ein Renner. Mehr als 30 Köpfe stapelten sich im Regal, noch mehr im Schaufenster, einige davon schon schwarz gebacken, beinahe verkohlt. Den musste ich unbedingt probieren! Nicht, weil Blumenkohl zu meinem Lieblingsgemüse zählt, sondern weil mich die Art der Zubereitung und des Servierens interessierte, nämlich im Ganzen auf einem Stück Backpapier.

Blumenkohl hat wirklich eine erstaunliche Küchenkarriere hingelegt: Zuerst wurde der Kopf sehr weich, zu weich, gekocht, mit gebräunten Butterbröseln zu retten versucht, aber dennoch verbreitete sich ein muffiger Kohlgeruch in der Küche. In der Zeit der französischen Nouvel Cuisine purzelten dann vereinzelte Röschen unmotiviert neben einem Filet auf den Teller, diesmal zu kurz gekocht. Danach folgte die Zeit der Aufläufe, wo alles überbacken wurde, was
irgendwie in den Ofen geschoben werden konnte. Zugegeben: Blumenkohl eignet sich ganz gut zum Gratinieren und mit einer cremigen Sauce Mornay oder Béchamel kann ein ganz ordentliches Gericht daraus werden.

Aber wie im MIZNON serviert, war Blumenkohl für mich wieder neu und inspirierend: In stark gesalzenem Wasser werden eher kleine, dicht geformte Blumenkohlköpfe gekocht, anschließend großzügig mit Olivenöl und grobem Meersalz eingerieben und bei hoher Temperatur schnell geröstet. Durch das heftige Rösten werden auch die inneren Blattrispen sehr schmackhaft.

So liebe ich Essen: an einem lebendigen Ort, an dem keine strengen Regeln den Genuss einschränken, voller begeisterter Menschen. Kleine Gerichte von grandioser Einfachheit, aber mit einem neugierig machendes Dreh. Wie beim geschwärzten Blumenkohl, den Gärtner doch so gerne elfenbeinfarben leuchtend züchten. Das entspricht meinem Naturell, hier kann ich einfach so dahin schnabbulieren bis ich am Ende glückseelig und gut gesättigt auf die Straße taumele.

Auch Ottolenghi hat den Blumenkohl noch einmal neu populär gemacht, indem er ihn im Ganzen röstete und mit Tahini, Minze und gerösteten Haselnüssen kombinierte. Natürlich ist so ein ganzer Kopf eher ein rustikales Essen. Möchten Sie Blumenkohl etwas charmanter servieren, empfehle ich ein Gericht aus Sizilien. Dort weiß man, dass sich Blumenkohl gut mit Sardelle, Olive, Petersilie und den schon erwähnten Butterbrotbröseln verträgt. Und natürlich mit Pasta.

SIZILIANISCHE BLUMENKOHL-PASTA

ZUTATEN
für 2 Personen

200 g frische Pasta, am besten
Bigoli oder Bucatini
3 Fäden Safran
25 g Kapern in Salz
½ halber Blumenkohl (ca. 300 g)
50 g Rosinen
1 Zwiebel (80 g)
2 Eßl. Olivenöl
2 Knoblauchzehen
3 Sardellenfilets und etwas von dem Öl
50 g Pinienkerne
40 g Butterbrösel
Zitronenabrieb und Saft ½ Zitrone
Etwas Petersilie

ZUBEREITUNG

Zunächst die Safranfäden in zwei Eßlöffel warmem Wasser einweichen, die Kapern in kaltem Wasser. Den Blumenkohl in sehr kleine Röschen teilen. Die Rosinen je nach Größe etwas kleiner schneiden. Die Zwiebel schälen und in feine Würfel schneiden. Ebenso die Knoblauchzehen. 

Zunächst die Zwiebel in einem Topf mit Olivenöl anschwitzen, die Knoblauchzehen dazugeben, ebenso die vorher klein geschnittenen Sardellenfilets. Solange rühren, bis sich die Sardellen auflösen. Den Blumenkohl dazugeben und die eingeweichten Safranfäden mit Flüssigkeit hineingeben. 
So lange dünsten, bis der Blumenkohl fast weich ist. Dann die klein geschnittenen Kapern, die gerösteten Pinienkerne und die Hälfte der Butterbrösel dazugeben. Mit Zitronenabrieb und Saft der Zitrone abschmecken. Eventuell noch salzen, aber mäßig, da Kapern und Sardellen schon sehr salzig sind. 

Die Nudeln in gut gesalzenem Wasser kochen. Ein Kelle von dem Nudelwasser unter den Blumenkohl rühren, die Nudeln unterrühren und noch eine Minute mit dem Gemüse ziehen lassen.
GUT ZU WISSEN

Wenn ich Blumenkohl im Ganzen koche, gebe ich ein, zwei frische Lorbeerblätter, einen Spritzer Olivenöl und Zitronensaft ins Kochwasser, um den oftmals penetranten Kohlgeruch etwas abzumildern.
ANRICHTEN

Die Nudeln auf tiefen, vorgewärmten Teller servieren und mit fein geschnittener Petersilie und den knusprigen Butterbrotbröseln servieren.

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