Die Heilpflanze des Jahres

Meerrettich soll Entzündungen hemmen, Bakterien und Viren einhegen. Zum Glück schmeckt die scharfe Wurzel auch vorzüglich – aber bitte nicht immer mit Sahne vermengen.

Seine Inhaltsstoffe gelten als entzündungshemmend, antibakteriell und antiviral: Der Meerrettich wurde sogar zur Heilpflanze des Jahres 2021 gekürt. Die meisten von uns kennen ihn nur aus dem Glas – vermischt mit Sahne, Apfel oder beidem. Ein Klecks davon wird gerne kalt zur Brotzeit gegessen. Besonders gut schmeckt er zu gekochtem oder gepökeltem Schinken, auch zur geräucherten Forelle ist er ein guter Begleiter. Aber wie sieht Meerrettich überhaupt aus, wo wächst er, und was kann er noch, außer Aufstrich?

Der heimische Meerrettich ist eine der ältesten Kulturpflanzen unserer Region. Die ganze Wurzel kostet im Einkauf einiges, aber ist immer noch günstiger als ihr asiatischer Verwandter, der sündhaft teure Wasabi. Das ist auch der Grund, weshalb in vielen Sushi-Restaurants, in Supermärkten sowieso, nur ein Wasabi-Surrogat serviert wird. Wir lassen uns nicht täuschen und beschäftigen uns lieber mit dem hiesigen Original.

In Deutschland wird der Meerrettich hauptsächlich in meiner Heimat zwischen Nürnberg und Bamberg angebaut. Dort gibt es
tiefgründigen, lehmig-sandigen Boden, in den sich die bis zu 30 Zentimeter langen Wurzeln gut hineingraben können. Ab Oktober werden die Wurzeln von Hand geerntet. Aber erst in den Wintermonaten entfalten sie ihren ganzen Geschmack, vor allem ihre intensiv frische Schärfe.

Hier in Franken nennen wir den Meerrettich „Kree“. Ich kann mich noch gut erinnern, als in den 1960er Jahren die „Kreeweible“, in bunte Trachten gekleidet von Haus zu Haus zogen, um Meerrettich und allerhand getrocknete Gewürze aus einem riesigen Korb auf ihrem Rücken zu verkaufen. Mit welcher Freude wir Kinder auf die frischen Zutaten aus dem Korb gewartet haben! Da es leider keine Kreeweible mehr gibt, müssen Sie wohl selbst auf den Gemüsemärkten Ausschau nach der braunen Meerrettichwurzel halten. Kaufen Sie dazu noch ein Stück Tafelspitz beim Metzger Ihres Vertrauens und setzen eine aromatische Rinderbrühe damit an.

Ein Viertel der Wurzel reicht in diesem Rezept für zwei Personen vollkommen aus, sonst wird es zu scharf. Wenn Sie gleich etwa mehr kochen möchten, nur zu! Bewahren Sie die Reste im Gemüsefach Ihres Kühlschranks auf und freuen Sie sich auf das nächste Gericht: Zu roter Bete schmeckt die Soße ebenso fantastisch.

MEERETTICHSOßE

ZUTATEN FÜR ZWEI PERSONEN

40 g Butter
100 g altbackenes Weißbrot
200 ml Milch
Salz
Weißer Pfeffer
Zitronensaft
70 g Meerrettich gerieben

ZUBEREITUNG

Etwa ein Viertel einer Stange Meerrettich mit der Gemüsebürste säubern und anschließend schälen. Dann auf der Gemüsereibe fein raspeln. Jetzt fließen Tränen, die scharfen Senföle steigen die Nase hoch und man wünscht sich beim ersten Mal vielleicht den fertigen Meerrettich im Glas zurück.

Die Butter lasse ich in einer Pfanne flüssig werden. Das Weißbrot reiben und dazu geben. Mit einem Holzkochlöffel immer wieder verrühren, damit die Brotbrösel nicht braun werden. Langsam die
Milch angießen. Ich würze mit Salz, weißem Pfeffer und Zitronensaft.

Zum Schluss gebe ich den geriebenen Meerrettich darunter. Sollte die Soße zu dick werden, verflüssige ich sie mit einer Schöpfkelle Rinderbrühe (oder für die vegetarische Variante mit Gemüsebrühe). Schmeckt zu gekochtem Tafelspitz, zu gekochter Rinderbrust, roter Bete oder geschmortem Kürbis.
ANRICHTEN

Viele Milchprodukte wie Saure Sahne, Quark, Crème fraîche oder Die warme Meerrettichsoße auf einen Teller geben, eine Scheibe vom gekochten Tafelspitz mit ein paar in Butter geschwenkten Kartoffeln dazu servieren.
GUT ZU WISSEN

Ihre tolle, frische Schärfe besitzt die Meerrettichwurzel nur in den Wintermonaten. Je länger sie aus der Erde ist, desto trockener und harmloser wird sie.

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