Zum Nachtisch Knollengemüse

Einem guten Essen geht echte Handarbeit voraus. Die Art Handarbeit, bei der man sich die Finger schmutzig machen muss. Ob Rüben waschen, Kartoffeln schrubben, Orangen filetieren oder rote Bete schälen: die Finger riechen und kleben danach, man sieht ihnen die Arbeit an. Was für ein schönes Gefühl! Nicht allen geht es offenbar wie mir. Um den Aufwand möglichst gering zu halten und die Küche sauber, wird inzwischen fast jedes Gemüse auch gewaschen und vorgeschnitten verkauft. Kartoffeln soll es sogar geschält im Glas zu kaufen geben – ich fasse es nicht.

Auch rote Bete gibt es schon seit vielen Jahren vorgekocht, geschält und eingeschweißt. Lassen Sie bloß die Finger davon! Meistens sind die Beten viel zu weich, matschig und haben das Beste ihres wundervoll erdigen Aromas eingebüßt. Glauben Sie mir: Kurzzeitig karminrot gefärbte Finger lohnen sich für den besseren Geschmack.

Gehen Sie zu Ihrem Gemüsehändler, oder direkt zur Bäuerin, und suchen Sie sich mittelgroße Exemplare heraus. Die großen taugen zum Entsaften, beim Schmoren brauchen sie einfach zu lange, um gar zu werden. Auch in den wöchentlichen Gemüse-Abo-Kisten von Bauernhöfen oder solidarischen Landwirtschafts-Kooperativen wird jetzt häufig rote Bete zu finden sein. Wenn Sie eine solche Kiste bekommen, werden Sie jetzt sicher heftig nicken.

Wenn Sie Glück haben oder hartnäckig sind, finden Sie nicht nur rote, sondern auch gelbe und sogar weiße Rüben. Das sind übrigens die gleichen Farbvarianten, die der Mangold aufweist –
denn der ist mit den Beten sehr nahe verwandt. Nur wächst letzterer im Winter nicht in unseren Breitengraden. Die aus Venetien stammende Chioggia ist besonders schön gefärbt: in ihrem Inneren wechseln sich rote und weiße Ringe ab. Die Ringelung verwäscht beim Kochen leider, weswegen ich die Chioggia nur schäle und sehr, sehr dünn gehobelt roh serviere.

Wir kennen die rote Bete als Winterknollengemüse. Relativ unbekannt ist, dass die ersten roten Beten schon im Juli auf den Markt kommen. Da sind sie noch besonders zart und saftig. Eine Knolle ist nach 20 Minuten weich, auch das Blattgrün ist noch frisch und kann ähnlich wie Spinat gegessen werden – ich dünste es in Butter und etwas Knoblauch. Je weiter das Jahr fortschreitet, desto härter werden die Blätter. Es bleibt die Knolle, die uns als pflegeleichtes Lagergemüse mit Mineralstoffen, Kalzium und Vitamin C durch den Winter hilft. Ob als Salat, roh geraspelt, gekocht in feine Scheiben geschnitten, als Suppe, als Füllung in Tortelloni, in eine Gnocchimasse geknetet, oder im Ofen geschmort – rote Bete zeigt sich sehr vielfältig.

Weil ich nicht nur rote Bete sehr gerne esse, sondern auch bei vielen Käsesorten schwach werde, habe ich ein Käsedessert mit Brin d’Amour ausprobiert. Natürlich lässt sich die rote Bete auch mit einem weichen Ziegenfrischkäse kombinieren. Aber der Rohmilch-Schafskäse aus Korsika, ummantelt mit typischen Buschkräutern wie Bohnenkraut, Thymian, Wachholder und Anis, hält dem erdigen und zugleich süßen Aroma der buttrig weichen Bete wunderbar stand.

ROTE BETE MIT BRIN D´AMOUR

ZUTATEN FÜR ZWEI PERSONEN

½ l Rote-Bete-Saft
4 Rote Beten, mittlerer Größe
1 rote Zwiebel
½ Teel. ganze Pimentkörner
½ Teel. Sternanis im Ganzen
4 Nelken
50 g Zucker
Etwas Salz
Eventuell 1 Eßl. Eiskalte Butter
100 g Brin d’Amour
Geröstete Brotchips aus Roggenbrot

ZUBEREITUNG

Die Rote Beten waschen und roh schälen. Je nach Größe vierteln oder achteln, sodass mundgerechte Stücke entstehen. Die rote Zwiebel ebenfalls schälen und in die gleiche Form bringen. Den Rote-Bete-Saft in einem Topf zusammen mit den Gewürzen zum Kochen bringen und Rote Bete und Zwiebeln vorsichtig hineinlegen. Den Zucker dazugeben und das Gemüse weichkochen. Dabei reduziert der Rote-Bete-Saft und wird sämiger. Die Kochdauer für Rote Bete beträgt nun im Winter mindestens 45 Minuten. Die Rote Bete sollten ihren Biss nahezu verloren haben und auch die Zwiebeln müssen unbedingt weich sein.Die Gewürze aus dem Sud nehmen. Ist der Sud noch recht flüssig, lasse ich ihn noch etwas reduzieren. Für den Fall, dass der Sud matt ist und nicht schön glänzt, rühre ich mit dem Schneebesen ein kleines Stück eiskalte Butter unter. Nach Geschmack salzen. Die Rote Bete in Schalen geben, die Flüssigkeit angießen. Eine Scheibe von dem Brin d’Amour darüberlegen, einen gerösteten, knusprigen Brotchip dazu reichen und sofort servieren.
GUT ZU WISSEN
Viele Milchprodukte wie Saure Sahne, Quark, Crème fraîche oder Frischkäse verleihen der erdigen Knolle eine harmonische Komponente. Allerdings sollte man beide erst in letzter Minute vor dem Servieren miteinander vermischen, sonst wird alles ganz schnell hellrosa. Dabei ist der Kontrast zwischen rubinrot und crèmeweiß am appetitlichsten!

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