Bier – eine begehrte Fastenspeise

Die Fastenzeit beginnt am Aschermittwoch, dauert vierzig Tage und endet am Gründonnerstag. Der bewusste, zeitweise Verzicht auf feste Nahrung dient nicht nur einem Gewichtsverlust, sondern soll vor allem zu innerer Einkehr und Klarheit sowie zur Stärkung der Seele führen.

Was nun in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, praktizieren Mönche in den Klöstern schon seit Jahrhunderten. Allerdings mit einem wunderbaren Hilfsmittel: dem sogenannten Starkbier. Spitzfindig finde ich dabei besonders den Slogan „Flüssiges bricht Fasten nicht“.

In den meisten Klöstern wurde Bier gebraut, das oftmals sehr dünn und damit wenig nahrhaft war. Um dem Hunger während der strengen Fastenzeit entgegenzuwirken, tüftelten die Ordensbrüder an einem wesentlich gehaltvolleren Gebräu, dem sogenannten Starkbier. Und sie wurden sogar nach Heiligen benannt, wie zum Beispiel das Salvator. Der traditionelle Starkbieranstich ist jedes Jahr ein Höhepunkt in Bayern.

Nun muss ich natürlich einflechten, dass zwischen Bayern und Franken schon immer ein gewisser Wettbewerb bestand. Während die Mönche im überwiegend katholischen Oberbayern das Starkbier brauten, kultivierten die protestantischen Franken ihre einmalige Brautradition, die dazu führte, dass es in Franken die größte Dichte an Privatbrauereien der Welt gibt! In jedem größeren Dorf gibt es eine kleine, individuelle Brauerei,
angegliedert ein Gasthaus mit Fassbierausschank und im Idealfall mit hauseigener Schlachtung. Der kulinarische Himmel für mich!

Aber das Starkbier gehört nach Oberbayern. Damit wird ein überaus nahrhaftes und schmackhaftes Bier gezapft, das über einen höheren Zuckergehalt und demzufolge höheren Alkoholgehalt verfügt. Sogenannte Bockbiere kommen auf 6,5 %, Doppelbockbiere sogar auf 7,5 %. Ob hell oder dunkel schmecken sie äußerst vollmundig, malzbetont und haben eine leichte Karamellnote. Deshalb passen solche Biere sehr gut zu cremigen Süßspeisen und sogar zu Schokolade.

Aber auch Brot und Bier gehören untrennbar nicht nur wegen der von mir so geliebten Brotzeit zusammen. Nach dem 1516 erlassenen Reinheitsgebot war für untergäriges Bier nur noch Gerstenmalz, Hopfen, Wasser und Hefe zugelassen. Obergäriges Bier (z.B. Weizenbier) war ab diesem Zeitpunkt den adeligen Braumeistern vorbehalten. Man wollte damit zweifellos den Bedarf an Weizen sichern, mit dem das Brot gebacken wurde.

Wenn wir heute also für unser Bierbrotrezept mit Roggensauerteig das Wasser durch Bier ersetzen, zeigt das wieder einmal mehr, dass wir glücklicherweise von allem im Überfluss haben. Wir entsagen aus freien Stücken für ein paar Tage dem Genuss, nicht weil es uns eine Regel, ein Orden oder eine Institution vorschreibt, sondern weil wir ein Gespür für Verzicht bekommen möchten. Weniger ist mehr, könnte die Erkenntnis sein.

BIERBROT MIT SAUERTEIG

ZUTATEN
für 1 Laib mit ca. 2 kg

Einen Tag vor dem Backen:
400 g Roggenvollkorn
400 g Wasser
100 g gut gefütterter Roggensauerteig
500 g Kochstück
(200 g Roggenschrot
260 g Bier
40 g Salz), einmal im Topf aufgekocht

Am Backtag:
700 g Roggenvollkorn
100 g Weizenmehl
450 g Bier
15 g Hefe

ZUBEREITUNG

Ein gut gefütterter Roggensauerteig bildet die Basis. Für eine kräftigere Note im Brot sorgt das Bier, z.B. ein dunkles Bockbier Am Abend vor dem Backteig den Sauerteig anfrischen und das Kochstück ansetzen.

Am Backtag das Roggen- und Weizenmehl mit dem Sauerteig und dem Kochstück mischen und in das Mehl einarbeiten. Mindestens fünf Minuten alles gut durchkneten. 45 Minuten ruhen lassen bei Zimmertemperatur

15 g Hefe mit etwas Bier auflösen und in den Teig einarbeiten. Weitere 90 Minuten ruhen lassen. Nun den Laib auf einer bemehlten Arbeitsfläche rund wirken. Auch die Hände gut bemehlen, damit der Teig nicht so an den Händen klebt.
Trotzdem aber kein Mehl in den Laib einarbeiten. Mit dem Schluss nach unten auf ein Backpapier setzen und erneut ca. 60 Minuten ruhen lassen.

Wer möchte, kann noch Gewürze wie Kümmel, Koriander, Anis oder Fenchel aufstreuen. Damit es besser hält, feuchtet man den Laib mit Wasser an – entweder mit einer Spritze oder mit einem Pinsel. Den Ofen auf 260 C Ober-Unterhitze vorheizen. Während dem Backen nach und nach die Temperatur nach unten regeln (etwa alle 10 Minuten 10 Grad). 

Je nach Ofen kann die Backzeit etwas variieren. Das Brot sollte eine knusprige, aber nicht z u dunkle Kruste haben.
GUT ZU WISSEN

Roggenbrot schmeckt besser, wenn es nach dem Backen noch einen Tag ruhen kann. Erst dann anschneiden. Frisch gebackenes Brot gehört nicht in den Kühlschrank. Auf der Schnittfläche auf ein Holzbrett legen und mit einem Leinentuch abdecken oder in einem Brottopf lagern. 

Das Brot hält sich mindestens eine Woche und verändert von Tag zu Tag seinen Geschmack.

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